Interview mit Katalina Zamora:
Von Bauchgefühl zur Datenhoheit: Warum KI-Segmentierung Loyalty smarter macht
Vorteile sind das Herz eines jeden Kundenbindungsprogrammes. Doch was ist denn nun genau der richtige Benefit für den richtigen Kunden zur passenden Zeit? Wer hier nach Schema F vorgeht, verschleudert nicht nur über unnötige Rabatte wertvolle Marge, sondern riskiert auch eben die Kundinnen und Kunden zu verlieren, die wirklich wichtig sind.
Genau hier setzt KI-Segmentierung in Loyalty-Programmen an. Statt Gießkanne geht es um präzise Signale: Wer driftet ab? Wer hat Potenzial? Und wann lohnt sich ein persönliches „Wir vermissen dich“-Benefit wirklich? Unsere Datenexpertin Katalina Zamora verrät an dieser Stelle, was KI-Segmentierung so genial macht.
Katalina, Du hast KI-Segmentierung letztens in einem internen Papier als „The Pain we solve“ beschrieben. Ist das nicht ein wenig sehr dramatisch?
Katalina: Nein, der Schmerz ist tatsächlich ganz real. Die Händler verlieren im harten Wettbewerb Geld und Kunden. Auf der einen Seite werden pauschal Rabatte an Kunden ausgespielt, die diese möglicherweise gar nicht benötigen. Auf der anderen Seite wird zu wenig erkannt, wenn sich Kunden abwenden, bzw. kurz vor dem Absprung stehen. Die Idee zur präziseren Kunden-Segmentierung stammt aus der echten Praxis: Chancen werden verpasst wegen Standard-Segmentierung und falschem Timing. Und genau da setzen wir an.
Okay, dann einmal ganz simpel: Was ist KI-Segmentierung?
Katalina: KI-Segmentierung analysiert das Verhalten jeder einzelnen Person im Loyalty-Programm – in Echtzeit. Sie versteht Muster, Rhythmen und Veränderungen. Und vergleicht diese mit ähnlichen Kundenmustern. Anders gesagt: Sie merkt, wenn jemand „normalerweise alle sechs Wochen kauft – und plötzlich nicht mehr“. Dabei werden allerdings keine Pauschalregeln angewendet, sondern individuelle Muster bewertet.
Was ist der Unterschied zur klassischen Segmentierung?
Katalina: Normale Segmentierung denkt in pauschalen Regeln: „Ein 90 Tagen inaktiver Kunde ist immer ein Problemfall“. KI segmentiert personalisiert: „Diese eine Person kauft sonst alle sechs Wochen, diesmal nicht. Hier könnte ein Rabatt die Liebe neu entfachen!“ Oder andersherum: „Dieser Kunde kauft zuverlässig nur einmal im halben Jahr – entspannt bleiben.“ Die KI nimmt also Kontext ernst. Das Ergebnis? Punktgenaue Ansprache statt Aktionismus.
Welches konkrete Problem löst das?
Katalina: Timing. Und zwar das Timing-Problem schlechthin. Zu spät auf eine Veränderung im Kundenverhalten reagieren, heißt Kunden verlieren. Zu früh reagieren heißt Geld verbrennen. KI trifft den Moment, an dem Maßnahmen, z.B. Benefits oder persönliche Ansprachen wirklich sinnvoll sind – oder erkennt Potenzial, bevor es jemand anders tut. Weniger Gießkanne, mehr Fokus. Das spart Marketing-Budget und gibt dem Kunden gleichzeitig das Gefühl wirklich individuell ernstgenommen zu werden.
Für welche Unternehmen ist das geeignet?
Katalina: Eigentlich für alle, die von ihren Kunden eine gewisse Kaufhistorie haben – und zwar sowohl im B2C als auch im B2B. Ideal sind proprietäre Loyalty-Programme mit mindestens zwei Jahren Daten und idealerweise mindestens ein paar Tausend aktive Kunden. Dann kann die KI ausreichend Muster erkennen.
Welche Voraussetzungen braucht ein Loyalty-Programm dafür?
Katalina: In den Programmen selbst steckt viel Entwicklungsarbeit. Auf Anwenderseite ist die Nutzung dagegen an wenig Voraussetzungen geknüpft. Moderne KI-Modelle sind direkt in unsere Loyalty Cloud integriert. Wir haben die Systeme so aufgebaut, dass die komplexe Datenaufbereitung, das Feature-Engineering und die Qualitätskontrolle im Hintergrund automatisch ablaufen.
Für die Nutzer bedeutet das: Segmentierung aktivieren, und das Programm beginnt zu lernen. Entscheidend ist dabei nicht immer die Datenmenge, sondern die Datenqualität: Nur saubere, konsistente Loyalty-Daten lassen die KI die richtigen Muster erkennen.
Was kann die KI besser? Risiken erkennen oder Chancen aufdecken?
Katalina: Beides – und das macht’s so wertvoll. Sie erkennt, wer abdriftet (retten!) und wer gerade still zum VIP wird (fördern!). Die meisten Programme sind schon ganz gut darin, brennende Häuser zu löschen – aber eben nicht darin, neue Potenziale zu erkennen, um in diese zu investieren. Die KI kann beides.
Woran erkennt die KI denn einen Kunden, der heute noch wenig kauft, aber bald sehr viel wertvoller werden kann?
Katalina: An Mustern: Kaufwert, Kaufabstände, Saisonalität, Engagement. Wenn jemand plötzlich häufiger kauft, der Warenkorb wächst und das Verhalten High-Value-Kunden ähnelt, schlägt die KI vor: „Bitte jetzt fördern, bevor der Wettbewerb es tut.“
Braucht man dafür besonders viele Daten – und woher sollen diese kommen?
Katalina: Unsere Modelle nutzen die Daten, die ohnehin im Loyalty-Programm entstehen, Transaktionen, Besuchsfrequenz und Punkte-Nutzung. Diese reichen bereits aus, um wertvolle Verhaltensmuster zu erkennen. Natürlich ließen sich Prognosen durch zusätzliche Kampagnen- oder Marketingdaten noch weiter verfeinern. Daran arbeiten wir bereits. Entscheidend ist jedoch: Schon heute holen wir aus den verfügbaren Loyalty-Daten das Maximum an Erkenntnis heraus.
Natürlich geschieht das DSGVO-konform und weitgehend anonymisiert. Wichtig ist, wie diese Daten miteinander vernetzt und gelesen bzw. interpretiert werden. Kunden geben diese Daten gerne – solange sie dafür echte Relevanz und Vorteile bekommen, nicht nur generische Newsletter-Liebe.
Danke für den Einblick! Endspurt: Was würdest du Unternehmen mitgeben, die starten wollen?
Katalina: Mutig sein – und klein anfangen. KI-Segmentierung ist kein Big-Bang-Projekt, sondern ein „Schalter umlegen und lernen“-Prozess. Je früher man anfängt, desto schneller merkt man: Loyalität entsteht nicht durch Rabatte, sondern durch Timing, Relevanz und echte Aufmerksamkeit.