Gastbeitrag in der möbel kultur:
Kunden langfristig begeistern – Emotionale Bindung statt Rabattschlacht

Wer Bestandskunden halten und Kaufimpulse setzen will, muss Loyalty-Programme strategisch klug einsetzen. Dabei geht es nicht nur um Wiederkäufe, sondern auch um die Sammlung wertvoller Kundendaten. Doch welche Modelle funktionieren, und welche Fehler sollten Händler vermeiden?
Die Kundenerwartungen sind klar formuliert: So wünschen sich laut der aktuellen Retail-Loyalty-Studie des ECC Köln 71 % der Konsument:innen heute auf sie maßgeschneiderte Angebote von Händler:innen, 76 % sind sogar frustriert, wenn sie keine personalisierten Vorteile erhalten. „Die klassische Incentivierung von Einkäufen oder angesammelten Punkten reicht also nicht mehr aus“, erklärt Michael Bregulla, Geschäftsführer der Hamburger Loyalty-Agentur Knistr. „Zumal dieser Prozess im Möbelhandel aufgrund der geringen Kauffrequenz ohnehin sehr lange dauern würde. Echte Emotionen und eine echte Bindung entstehen so nicht.“ Händler:innen sollten sich deshalb fragen, wie sie ihre Kund:innen mit einzigartigen Vorteilen begeistern können. Neben rein monetären Anreizen erwarten Käufer:innen mitunter Erlebnisse und eine individuelle Ansprache. Dazu zählen exklusive VIP-Events, erweiterte Garantien oder besondere Serviceleistungen wie kostenlose Lieferungen oder Montagen „Um Kunden an die Programme heranzuführen, sind Rabatte immer noch ein wirkungsvoller Weg“, weiß Bregulla. Hat man eine ausreichende Datengrundlage, kann durch personalisierte Rabatte verhindert werden, dass hohe Preisabschläge den Kund:innen eingeräumt werden, die möglicherweise auch ohne diese kaufen würden.
Erfolgreiche Beispiele
Ein herausragendes Beispiel für ein erfolgreiches Kundenbindungsprogramm im Möbelhandel ist Ikea Family. Dieses Konzept kombiniert exklusive Angebote, Design-Workshops und Vergünstigungen auf Services wie Lieferung und Montage. Dadurch entsteht eine starke emotionale Bindung zur Marke, und Kund:innen fühlen sich als Teil der Ikea-Welt. Seit Herbst 2024 setzt Ikea zudem auf ein Punktesystem, das durch Einlösen im Bistro oder an der Kasse zusätzliche Kundendaten generiert. So werden Kund:innen regelmäßig zu Ikea zurückgeführt, was die Wiederkaufrate erhöht.
Ein weiteres Beispiel ist die 2023 eingeführte Porta Card. „Der sofortige Vorteil war entscheidend“, erklärt Christian Walka, Head of CRM bei Porta. „Mit 5 Prozent Sofortrabatt auf große Möbelkäufe haben wir unmittelbare Kaufanreize geschaffen – wer mehrere tausend Euro für eine Küche ausgibt, spürt den Rabatt direkt.“ Gleichzeitig sammelt Porta wertvolle Kundendaten, um künftig gezieltere und personalisierte Angebote zu erstellen. Der Fokus liegt auf einer langfristigen Kundenbeziehung durch exklusive Vorteile und Zusatzservices.
Daten als Schlüssel
Voraussetzung für den Erfolg solcher Programme ist jedoch, dass die Daten überhaupt vorhanden sind. „Eines der größten Probleme im Möbelhandel ist die fehlende Digitalität – viele Händler sind in dieser Hinsicht weit zurück“, so Bregulla. Viele Möbelhändler stehen noch am Anfang der digitalen Kundenanalyse. Doch gerade hier liegt enormes Potenzial: Loyalitätssysteme liefern wertvolle Einblicke in Kaufverhalten und Vorlieben der Kund:innen. Diese Daten helfen dabei, gezielte Marketingkampagnen zu gestalten und unnötige Rabatte zu vermeiden. Händler:innen können ihre Kundschaft besser kennenlernen und digital gezielt ansprechen – mit niedrigeren Kosten und einer deutlich höheren Konversionsrate. Durch die Analyse des Kaufverhaltens können Händler individuell relevante Angebote machen – etwa für ergänzende Produkte.
„Wer heute ein Babybett kauft, freut sich sicher über ein zeitnahes Angebot für eine Wickelkommode. Und ein halbes Jahr später über einen Rabatt für einen Laufstall.“
Gezielte Empfehlungen steigern nicht nur den Umsatz, sondern sorgen auch für eine nachhaltige Kundenbindung. Kund:innen fühlen sich verstanden und damit wertgeschätzt – die beste Grundlage für eine erfolgreiche Beziehung. Händler:innen, die Kundendaten strategisch nutzen, können durch automatisierte E-Mail- oder App-Kampagnen personalisierte Anreize schaffen. Dabei geht es nicht nur um den nächsten Verkauf, sondern um langfristige Beziehungen. Empfehlungsprogramme oder exklusive Vorteilsangebote für treue Kund:innen spielen dabei eine zentrale Rolle.
Retail Media
Eine der spannendsten Entwicklungen im Bereich der Kundenbindung ist die Verbindung mit Retail Media. Händler nutzen die Daten aus ihren Kundenbindungsprogrammen, um personalisierte Werbung für Markenpartner auszuspielen. Beispiel: Ein Kunde, der sich für nachhaltige Möbel interessiert, erhält gezielt Anzeigen für umweltfreundliche Wohnaccessoires. So profitiert der Handel nicht nur von wiederkehrenden Käufen, sondern auch von zusätzlichen Werbeeinnahmen.
Mit der zunehmenden Bedeutung von Digitalstrategien in der Möbelbranche wird auch die Verzahnung von Loyalitätskonzepten mit Online-Marketing immer relevanter. Händler:innen setzen vermehrt auf digitale Kundenkarten, personalisierte Angebote via Apps und smarte CRM-Systeme, um ihre Kund:innen individuell anzusprechen.

Wer Kund:innen langfristig binden will, muss mehr bieten als Rabatte. Erfolgsfaktoren und häufige Fehler:
DOS &
Mehrwert von Tag eins an bieten
Ein Kundenbindungssystem sollte vom ersten Tag an greifbare Vorteile bieten. Ein sofortiger Rabatt, Coupons für das Möbelhausrestaurant, exklusive Einladungen zu Events oder kostenlose Zusatzservices steigern die Attraktivität und sorgen schnell für die nötige Teilnehmerfrequenz.
Personalisierte Kundenkommunikation
Wer Kundendaten konsequent in individuelle Anreize und zielgerichtete Angebote umwandelt, steigert die Relevanz und verbessert die Konversionsrate und damit die Verkaufssumme pro investiertem Marketing-Euro. Michael Bregulla: „Viele Händler setzen noch immer auf Massenrabatte statt gezielter, personalisierter Angebote. Doch die Daten zeigen: Wer relevante, persönliche Vorteile bietet, profitiert langfristig von treuen Kund:innen mit attraktiveren Warenkörben“.
Digitale Integration und einfache Nutzung
Kund:innen erwarten heute eine nahtlose digitale Integration. Eine intuitive App oder digitale Karte erleichtert die Nutzung und sorgt für eine höhere Akzeptanz – weniger ist oft mehr. Sie sollten Punkte, Angebote und exklusive Vorteile über eine benutzerfreundliche App oder digitale Karte einfach einsehen und nutzen können.
DON’TS
„10 % auf alles“ reicht nicht mehr
Viele Händler setzen auf pauschale Rabatte, ohne exklusive Vorteile zu bieten. Das führt dazu, dass Kunden keine emotionale Bindung aufbauen und das Programm als austauschbar wahrnehmen. Zudem reduziert es die Marge substanziell, obwohl manche Kunden zum vollen Preis gekauft hätten. Laut der Studie des ECC Köln berichten 63 Prozent der Händler, dass Rabatte kurzfristig Umsätze steigern, aber nicht zur langfristigen Kundenbindung beitragen.
Daten ungenutzt lassen
Loyalitätskonzepte generieren wertvolle Kundendaten – ohne deren Auswertung bleiben gezielte Kundenansprache und personalisierte Angebote aus. Laut der Retail-Loyalty-Studie sagen 57 Prozent der Händler:innen, dass sie zwar über Treueprogramme wertvolle Daten sammeln, diese aber nicht gezielt für individuelle Kundenansprache oder Angebotssteuerung einsetzen.
Den Wettbewerb kopieren
Viele Händler:innen orientieren sich zu stark an bestehenden Systemen der Konkurrenz, ohne deren tatsächliche Wirksamkeit und Investition zu kennen. Besser ist es, auf individuelle Stärken zu setzen und mit einer einfachen, skalierbaren Lösung zu starten. Ein Kundenbindungs-Programm wird mit wachsender Datenbasis von selbst komplexer.
DER SELBSTCHECK
Ist Dein Unternehmen bereit für ein Treueprogramm? Diese Fragen helfen, Deine Kundenbindung erfolgreich aufzusetzen
1. Was ist das Hauptziel?
Soll es vorrangig für wiederkehrende Käufe sorgen, die Kundenbeziehung emotionalisieren oder zusätzliche Umsatzquellen durch Retail Media erschließen? Ein Programm kann nicht vom Start weg alle Ziele erfüllen, deshalb sollte man sich auf Kernziele fokussieren und das System modular konzipieren, um es später an weitere Ziele anpassen zu können.
2. Wer sind die Zielkund:innen?
Welche Vorteile motivieren Ihre Kund:innen? Reichen Rabatte oder benötigen sie Anreize aus den Bereichen exklusiver Erlebnisse und Services? Können diese aus bestehenden Leistungen abgeleitet werden, die dann letztlich sogar effektiver genutzt werden können? Oder entstehen Zusatzkosten, die kalkuliert werden müssen?
3. Ist das Programm nahtlos integrierbar?
Kann ein Kundenbindungsprogramm sowohl online als auch stationär nahtlos genutzt werden, und ist es intuitiv genug, damit Mitarbeitende und Kund:innen es problemlos anwenden? Lässt es sich über entsprechende Schnittstellen an ein bestehendes CRM-System andocken? Sollte zur Identifikation eine physische Karte oder über Wallet-Karten bzw. Apps ein digitaler Ansatz gewählt werden?
4. Welche Ressourcen haben wir?
Ein Loyalty-Programm bindet gerade in der Entstehungsphase erhebliche Ressourcen im Unternehmen. Sie sollten sich frühzeitig ein realistisches Bild von den eigenen Kapazitäten machen und einen erwartbaren Aufwand gegenüberstellen – am besten gemeinsam mit den beteiligten Abteilungen. Entlastung bieten Dienstleister, die sowohl bei der Programmentwicklung helfen als auch später im laufenden Prozess.
5. Sind alle Beteiligten an Bord?
Die Umsetzung von Loyalty-Konzepten funktioniert nur, wenn alle Beteiligten – von IT über Marketing und Vertrieb bis zur Geschäftsführung – davon überzeugt sind und an einem Strang ziehen. Wichtig: Auch das Personal auf der Fläche sollte frühzeitig informiert werden – der direkte Kundenkontakt bietet oft wichtigen Input.