Kundenbindung in der Luxusbranche

Loyalty-Programme zwischen Chance und Champagner

Gastbeitrag von Michael Bregulla in der  INTERNET WORLD, 22.08.2023

Status statt Rabatt – wer im Luxusbereich Kunden langfristig binden möchte, muss besonders kreativ werden. Michael Bregulla vom Loyalty-Dienstleister Knistr gibt einen Überblick über Chancen und Risiken von Kundenbindungs­maßnahmen im Luxussegment.

Ein verlorener Kunde oder eine verlorene Kundin im Luxusbereich bedeuten schnell Umsatzverluste im vier- und im Ultra-Luxury-Retail sogar bis sechsstelligen Bereich. Doch bei einem sehr infrequenten Kundenkontakt und hochanspruchsvollen Konsument:innen funktionieren bewährte Kundenbindungsmechaniken wie Nachlässe oder Kauf-Incentivierungen immer weniger. Zwar werden Rabatte ebenso gern mitgenommen wie das obligatorische Glas Sekt oder bestenfalls Champagner, echte Kundenbindung funktioniert hier aber mehr über reale Statusleistungen oder Mechaniken wie Surprise & Delight. Welche Mechanismen greifen hier besonders gut? Wie können diese über ein intelligentes Loyalty-Programm institutionalisiert werden? Michael Bregulla vom Loyalty-Dienstleister Knistr gibt einen Überblick über Chancen und Risiken von Kundenbindungs­maßnahmen im Luxussegment.

Markentreue-Halbwertszeit

Je teurer das Outfit, desto höher die Markentreue? Studien aus dem Fashion-Bereich belegen regelmäßig das Gegenteil! Zwar genießen Mode-Brands grundsätzlich eine hohe Kundenloyalität, je weiter man allerdings in den Luxusbereich vordringt, desto mehr sinkt die Markentreue-Halbwertszeit.

Kundenbindungsansätze im Luxussegment spielen eben eine vollkommen andere Rolle als im Umfeld der Durchschnittsbürger:innen. Schließlich resultieren aus unterschiedlichen Lebensrealitäten eben auch unterschiedliche Begehrlichkeiten. Und die liegen im Luxury-Retail-Bereich vor allen Dingen in der Aufwertung des eigenen Status. Die Kunden erwarten hier eine besondere Behandlung sowie den persönlichen und vor allen Dingen individuellen Dialog in einem angemessenen Rahmen. Das stellt den Händler vor Herausforderungen: Schließlich muss dieser trotz seltener Kaufkontakte eine abrufbare Kundenkenntnis sicherstellen – für einen echten Dialog mit der Luxusmarke, perfekten individuellen Service und passende, überraschende Incentives für neue Kaufanreize. Rabatt spielt da, wenn überhaupt, eine deutlich untergeordnete Rolle.

Aber gibt es eigentlich den Luxuskäufer oder die Luxuskäuferin per Definition? Zu schnell werden aus der Alltagserfahrung heraus Stereotypen bedient. Etwa die von der reichen und gelangweilten älteren Dame oder den Besucher aus Asien, die auf Einkaufstour in Europa in die einschlägigen Geschäfte kommen und die Auslagen der Luxusboutiquen leer kaufen. Wer es hier versäumt, sich auch strategisch mit seiner Kundengruppe auseinanderzusetzen, lässt Potenziale ungenutzt. Und zwar selbst dann, wenn sich das Klischee mit dem Istzustand deckt. Schließlich geht es gerade bei Luxusmarken nicht nur darum, welche heutigen Stammkunden man binden möchte, sondern vielmehr, welches die Kund:innen der Zukunft sind, die man begeistern will.

Langfristiger Kundenwert

Die Definition darüber, wer wirklich ein werthaltiger und damit im Idealfall ein dauerhaft loyaler Kunde oder eine dauerhaft loyale Kundin ist, bezieht sich also immer auch auf den langfristigen Kundenwert, der durch eine konkrete Analyse im Programm ermittelt werden sollte. Dafür benötigt man nicht nur Daten, sondern auch die Auswertungskompetenz für zukunftsgerichtete Aussagen. Denn neben der Ansprache etablierter Luxuskäufer:innen kann es ebenso wichtig sein, auch beruflich besonders erfolgreiche oder junge Menschen mit entsprechender Einkommensperspektive zu begeistern.

Vor diesem Hintergrund sind besonders die typischen Statusprogramme, wie wir sie z. B. auch von den Fluglinien kennen, zu hinterfragen. Warum erhalten nur die Kund:innen Statusvorteile, die bereits kräftig für Umsatz sorgen? Es wäre doch interessant, auch über relevante hochwertige Vorteile für „nachwachsende“ Kunden nachzudenken, die eben genau deren Bedarf und Bedürfnisse bedienen und sie frühzeitig zu Markenfans werden lassen. Viele Luxusmarken haben dies bereits erkannt und bedienen Zielgruppen im Rahmen ihrer Loyalty-Ansätze mit besonderen, in jeder Hinsicht speziellen Features.

1. Willkommen im Club

Noch mehr als bei klassischen Loyalty-Ansätzen brauchen Premiumkund:innen das Gefühl der Exklusivität. Ein gutes Programm motiviert Kund:innen dazu, etwas zu tun, um in einen auserwählten Kreis zu kommen, Teil einer Gruppe zu werden, die sich „unter sich“ fühlt und fühlen darf. Nicht umsonst sind bei Luxus-Loyalty-Programmen Events wie Empfänge, Prêt-à-porter-Veranstaltungen und der Zutritt zu höchstexklusiven Locations en vogue. So verfügt Gucci z. B. mit Gucci Places über eine eigene Community, die exklusiven Zugang zu Events in der Biblioteca Angelica in Rom, dem Plattenladen Waltz in Tokio oder dem LACAM-Museum in Los Angeles erhält. Auch Swarovski ermöglicht seinen Premiumkund:innen Zugang zu Designer-Meetings der Swarovski-Kristallwelten.

2. Exklusiver Kundendialog

Im Kern des Loyalty-Ansatzes muss geradezu ein intelligentes, kanalübergreifendes CRM stehen. Wenn die Luxusmarke im Dialog mit den Kund:innen ist, muss sie wie ein bester Freund oder eine beste Freundin alles, wirklich alles von ihnen wissen. Jeder vorherige Kontakt muss erfasst und analysiert sein, um die Kund:innen bewerten und einschätzen zu können. Und diese Informationen müssen für eine funktionierende Unterstützung der Kommunikation transparent und leicht verständlich, z. B. in Form von Scores, aufbereitet sein. Vor allen Dingen müssen diese Informationen auch in der Filiale oder im Kundenservice schnell und abrufbar zur Verfügung stehen. Schließlich wollen die Kund:innen genau das Produkt empfohlen kriegen, das wirklich zu ihnen passt. Zur Königsklasse gehört es, reale, aber auch digitale Shoppingassistent:innen in den Loyalty-Ansatz einzubinden, wie es z. B. Moda Operandi mit dem Moda-Private-Programm oder Matchesfashion mit „The Curator“ tun.

3. Premiumservice ist selbstverständlich und nicht bloß eine Option

Der Blick auf die Customer Journey der Zielgruppen lohnt sich hier doppelt. Während die eher traditionelle Luxusstammkundin bei Breuninger im Rahmen der Platin Card eher klassische Services wie einen Änderungsdienst, Geschenkverpackungsservices oder dedizierte Parkplätze erwartet, geht Neiman Marcus in den USA noch einen Schritt weiter und bietet mit dem InCircle Concierge einen vollumfänglichen digital gestützten Dienstleister als Partner, der sich um die Servicebelange von erfolgreichen und deshalb eben auch beruflich hochbeschäftigten Menschen kümmert. Zum Spektrum gehören auch erweiterte und exklusive Öffnungszeiten für Topkunden und eine sofortige Gratislieferung von Produkten ins Domizil. Das setzt übrigens auch BOSS ein, ergänzt von einem Monogrammservice. Wie gut eine solche Ansprache mit viel Kreativität Kunden auch auf regionaler Ebene binden kann, beweist das Mannheimer LuxuskaufhausEngelhorn, das etwa gleichgesinnte Käufer von exklusiven Sportartikeln zu eigenen Sport-Communitys einlädt.

4. Überraschungen müssen wirklich Herzklopfen verursachen

Wenn Kund:innen schon vieles oder gar alles haben, dann bedeuten Überraschungen immer eine kreative Herausforderung. Das bedeutet für Luxushändler, datenbasiert zu analysieren, womit die Kund:innen zu begeistern und zu überraschen sind, gerade wenn Geburtstage oder Feiertage anstehen. Da hat jede Marke ihre eigenen Möglichkeiten, auch der Personalisierung. Besonders interessant sind in diesem Zusammenhang sogenannte „Mystery Gifts“, wie sie z. B. vom australischen Schmuckhändler The Silver Collective an gute Kunden vergeben werden. Wenn aus diesem Ansatz heraus gar eine Sammelleidenschaft entsteht – umso besser!

5. Digitale Extraklasse begeistert die jungen Kund:innen

Luxusmarken experimentieren aktuell in der digitalen Loyalty-Welt, und alles, was disruptiv ist, begeistert zumindest junge und jung gebliebene Luxuskunden. So hat etwa der Luxus-Fashion-Händler Luisaviaroma mit MOD4 eine virtuelle Shoppingwelt geschaffen, die den Loyalty-Ansatz ganz selbstverständlich mit einbindet. Auch Gucci oder Burberry sind in den künstlichen Welten des Metaverse unterwegs und sorgen hier auf spielerische Art und Weise für Kundenbindung. Dabei im Mittelpunkt: Der aktuelle Trend zu NFTs. Die ersten Luxusmarken schaffen bereits „nicht ersetzbare digitale Objekte“. Brands wie Prada, Dolce & Gabana und Bulgari haben das Potenzial digitaler Designprodukte längst entdeckt; so kann man bereits digitale Luxus-Sneaker für seinen Avatar oder ein limitiertes Stück virtuelle Haute Couture erwerben oder als Incentive erhalten. Premiumautohersteller wie BMW ziehen nach und bieten exklusive Tuningteile an, die nur im Metaverse existieren. Spielerei und Zukunftsmusik? Nein, eher eine Riesenchance, der Kundengeneration Z frühzeitig Zugang zur und Bindung an die Luxusmarke zu bieten.

Michael Bregulla

Der Wirtschaftsingenieur und Hochschuldozent (Nordakademie) Michael Bregulla ist seit über einem Vierteljahrhundert als Experte für Giftcards und Kund:innenbindungsprogramme aktiv. Bregulla leitet als Mitgeschäftsführer das führende europäische Unternehmen für Loyalty- und Giftcard-Programme Knistr.

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